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Geschichten von Frau K


Frau K, der Alte und LS

Die Geschichten von Frau K bilden eine Art Stilübung - einen Versuch, kleine fabelähnliche Texte zu schreiben, deren Schlußmoral so breit wie möglich angelegt ist, deren Hauptfigur jedoch im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten des Genres eine Frau ist. So breit wie möglich, denn wenn auch im Anfang der ersten Geschichte von Frau K eine ganz spezifische (aber veraltete) Frauenproblematik zum Ausdruck zu kommen scheint, hätte der Schluß doch vermutlich mit fast denselben Worten auch von ihrem Mann formuliert werden können.
LS möchte aufgrund seiner übergroßen Feigheit lieber keine Angaben zu seiner Biographie machen.

Es folgt die zweite Geschichte von Frau K.


Nun entscheidet Frau K

Frau K entschied, daß sie von nun an nicht mehr mit Leuten sprechen wolle, die sie nicht schätzte. "Ja, da sind alle diese Leute, die ich verachte, weil sie verlogen, gewalttätig, verdorben, egoistisch sind oder weil sie unreif, aggressiv, überspannt oder pervers, destruktiv drauf sind oder weil sie träge, unentschlossen, bloße Jasager sind oder machtsüchtig, habgierig, oder weil sie im Gegenteil zu freigebig, besitzergreifend oder weil sie Alkoholiker oder sexgeil sind, alle diese Leute, die in ihrer Sucht eingesperrt sind wie in einem Hamsterrad, die ausschließlich mit sich selbst beschäftigt und um sich selbst besorgt sind und darum, daß auch die anderen sich um sie sorgen, alle diese Leute, deren einziges Bestreben es ist, unverändert weiterzuleben und ihre Mitmenschen auszunutzen, alle diese Leute, die die Regeln des Gesprächs und des Miteinander mit Füßen treten, die überschäumen vor Worten und nur das Streben nach Manipulation, Besitz, Geliebtsein, Herrschaft kennen, mit allen diesen Leuten, das muß ich zugeben, kann ich nicht sprechen und zugleich meine Würde wahren; ich nehme ihre Nichtigkeiten ernst, obschon ich weiß, daß es Nichtigkeiten sind; ich schaffe es nicht, von ihnen zu verlangen, daß sie mit der Lügerei aufhören und mich nicht mehr in ihre gepanschte Welt hineinziehen. Ich bin nicht so naiv wie andere, die darauf hereinfallen, aber andererseits auch nicht so stark wie diejenigen, die sich zu wehren wissen - das Ergebnis ist also nicht so toll. Da ich unfähig bin, mich bestmöglich herauszulavieren, muß ich mir zumindest eine kleine Hintertür zum Weiterleben offen lassen: ich spreche nicht mehr mit allen diesen Leuten, ich lasse mich nicht mehr von ihnen fertig machen."

Ja ja, Frau K, sicher fühlst du dich nicht mehr so schlecht, sicher kriegst du weniger Gewissensbisse, denn die Perversen werden nicht mehr auf dich abfärben. Laß dir deine Entscheidung aber trotzdem nochmal durch den Kopf gehen, denn wenn du mit ihnen nicht mehr sprichst, wem wirst du dann künftig deinen Scheiß erzählen, hm? Wen wirst du mit deinen Problemchen zumüllen? sagte ihr ihre innerste Stimme.

Siehst du, Frau K, schon wieder läßt du dich runterziehen, was soll das! Den Schmutz der anderen zu erdulden, nur damit sie deinen auch ertragen! An diesem Punkt solltest du merken, daß die Hölle nicht so sehr die anderen sind, sondern du bist es mit deinem Charakter, der so leicht die Bosheit der anderen akzeptiert, damit sie dich im Gegenzug in Ruhe lassen, entgegnete die andere Stimme in ihr, der noch ein wenig Ehrenhaftigkeit geblieben war.

"Puuuuuhhhh...", seufzte Frau K, "ich habe nicht einmal angefangen, meine Entscheidung praktisch umzusetzen, und schon ermüdet sie mich. Mir scheint, das ist kein Problem, daß ich lösen könnte, was mir für die Zukunft ein sehr elendes Leben verheißt; ich werde diese kindischen, unzuverlässigen und gierigen Scheißmenschen wohl ertragen müssen, ohne je zu wissen, ob ich sie vielleicht nur deshalb ertrage, weil ich ihnen so ähnlich bin. Ach, es dauert mich."




L.S. 2003
Email: l_s@gmx.net



Übersetzung aus dem Französischen: Patrick Wilden und C. Chauvin
Zum Originaltext: C'est Mme K qui décide

 
siehe auch / Literatur:
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© 2003 Kultura-Extra (alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar.)
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