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Rezension

Volker Harry Altwasser – „Letztes Schweigen“

Ein Abwrackroman
Matthes & Seitz Berlin
ISBN 978-3-88221-681-3


Der Roman „Letztes Schweigen“ sind die Erinnerungen eines Dreißigjährigen an Lügen und Demütigungen, die er durch seine alleinerziehende Mutter erfahren hat. Das Schweigen ist dem Protagonisten Volker (alias Jack und Robert Rösch) zur zweiten Haut geworden. Stumm filetiert er am Fließband eines Trawlers Seefledermäuse, während er gedanklich das Netz seiner Erinnerungen auswirft. Mit Biss und Ironie fabuliert Altwasser die Verwerfungen einer Familie, deren soziale und intellektuelle Fähigkeiten zwar gegenüber anderer Figurenkonstellationen jüngerer „Wenderomane“ (bspw. Tellkamp „Der Turm“) geringer sein mögen, dafür aber bodenständig daherkommen. In surrealen Tagträumen des Protagonisten spiegeln sich die Erfahrungen unfassbarer Alltagstristesse und realer Gewalt wider, die in ihrer Widersprüchlichkeit dicht und spannungsreich zusammengetragen wurden. Ironisch beschreibt Altwasser Volkers Aufenthalt in der Pionierrepublik Wilhelm Pieck, wo er zum ersten Mal Vertrauen, Anerkennung und Geborgenheit spürt; Gefühle, die er aufgrund seiner bisherigen Erfahrung nur schwer ertragen kann. Dadurch verstärkt sich in ihm das Gefühl der Entfremdung, das er manisch mit dem Lesen von Büchern zu verdrängen versucht.

Die Hauptpersonen (Mutter und Sohn) wohnen im Norden der DDR. Sie trinkt, und er schafft das Hansebräu ran. Volker möchte von ihr beachtet und geliebt werden, schreibt sogar Einsen in der Schule für sie. Aber sie sieht in dem Jungen nur den gehassten Ehemann, der sie im Vollrausch verprügelt hat. Nachdem sie den Trinkermann vor die Tür gesetzt hat, lässt sie Volker ihre Verbitterung über ihr verpfuschtes Leben spüren. Dieser ist traumatisiert: „Es sei kein Hass gegen die weiblichen Menschen gewesen, er sei ihnen nur gerne aus dem Weg gegangen.“ Mit diesem Satz leitet Volker Harry Altwasser sein Kleine-Leute-Epos der untergehenden DDR ein. Dem Autor gelingt es, die Kontraste des Alltagslebens in der DDR zu Tage zu fördern, indem er beispielsweise mit der Verwandlung des Thälmannpioniers Volker in den Revoluzzer Jack zeigt, wie der Held aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus das kaputtmachen will, was er zuvor – zumindest ansatzweise – mitgestaltet hat. Am Ende verliebt sich Robert Rösch in die Studentin Mathilde, eine alleinerziehende Mutter mit Kind (!), und wenn Altwasser im letzten Kapitel dezent der Abwesenheit des Glücks in dieser Beziehung nachgeht, spürt man körperlich die Last der Lebensgeschichte, die der Protagonist die ganze Zeit mit sich herumträgt.

An „Letztes Schweigen“ hat Volker Harry Altwasser (Jahrgang 1969) zehn Jahre lang geschrieben. Doch im Verhältnis zu der Entstehungszeit umfasst der Roman gerade einmal 256 Seiten, für dessen Umfang man dem Autor - in Anbetracht des beklemmenden Themas - ausgesprochen dankbar ist. Denn Altwassers Talent liegt vor allem in der Komprimierung des Erzählten.


Arthur S Janetz - red. 10. September 2010
ID 00000004817
Volker Harry Altwasser – „Letztes Schweigen“
Ein Abwrackroman
Erschienen: August 2010
Gebunden, 256 S.
Matthes & Seitz Berlin
ISBN 978-3-88221-681-3
€ 19,90 / CHF 35,90


Siehe auch:
http://www.matthes-seitz-berlin.de/


Post an den Autor: arthurjanetz@kultura-extra.de



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