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Rezension

Margot Käßmann - „In der Mitte des Lebens“

Herder
ISBN 978-3-451-30201-5


“Wüstenzeit ist die Zeit der Sensibilität, der Schutzlos-Seins... ist Zeit der Stille und Möglichkeit zum Hören auf die eigene Stimme tief drinnen, die sonst so leicht übertönt wird.“ (ebd. S. 62)

Die „Wüstenzeit“, über die Margot Käßmann in ihrem Buch über die Mitte des Lebens geschrieben hat, scheint für sie zur Zeit stärkere Realität zu sein als zuvor. Nach einer Autofahrt in alkoholisiertem Zustand tritt Käßmann im Februar 2010 von ihren Ämtern als Landesbischöfin und Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche zurück. Am 19.Juni 2010 gibt sie dem Magazin der spiegel ein erstes Interview: „Ich werde ohne Familie irgendwo neu anfangen“, sagt sie dort. Die letzte ihrer vier Töchter ist ausgezogen. Käßmann hat ihre Wohnung in Hannover aufgeben. Mit einer neuen beruflichen Aufgabe will sie sich noch Zeit lassen. - Radikaler kann eine Zäsur im Leben kaum sein.

Ihr Mutmach-Buch In der Mitte des Lebens erschien 2009, also vor ihrem Rücktritt, und ist nun in fünfter Auflage gefragter als je zuvor. Mit Kapitelüberschriften wie „Die Mitte finden“, „Das Eigene suchen“ oder „Vergänglichkeit annehmen“ kreist sie um das Thema des Älterwerdens. Begriffe wie „Mitte des Lebens“ und „Ich kann nicht tiefer fallen als in die Arme Gottes“ kommen darin sehr häufig vor. Das Buch ist ein Sammelsurium verschiedener Texte, Predigten, Briefe, Gedichte und Tagebucheintragungen. Es ist gespickt mit Binsenweisheiten und Bibelzitaten und hat einen unverkennbaren Predigtcharakter.

„Gerade in Zeiten des Jugendwahns gilt es, die Kunst des Alterns neu zu lernen“, meint sie und schlägt vor im Hinblick auf das Altern „mit Dankbarkeit für das Gewesene und mit Freude am Jetzt und Hier, mit Heiterkeit, einer Wahrnehmung der Freiheit, der Offenheit, bewusst zu fragen, wie ich diese Lebensphase gestalten will“.

Das Wesentliche des Buches sind aber die eigenen Lebenserfahrungen, die Käßmann in der zweiten Hälfte einbringt. Als sie vor ein paar Jahren geschieden wird, beginnt ein Spießrutenlauf für sie. „Niemandem wünsche ich eine solche Wucht an Meinungsbezeugungen derer, die vermeintlich wissen, wie es gut und richtig zu sein hat. Aber ich bereue diesen Schritt nicht, er war für mich eine notwendige Klärung um der Wahrhaftigkeit willen...“. Als sie kurze Zeit später mit der Diagnose Brustkrebs überrascht wird, schreibt sie Tagebuch. Sie will, dass nichts verloren geht. Die dadurch erzwungene Auszeit vom Beruf nutzt sie zur Einkehr: Sie erkennt, dass ihre Ehe als „gelebte Beziehung“ nicht mehr existiert und lernt, sich dieser Realität zu stellen. Käßmann übersteht die OP und Bestrahlungstherapie und erlebt danach ein großes Glücksgefühl über die „geschenkte Zeit im Leben“.

Diese Erlebnisse lassen ihren von vielen als übertrieben empfundenen Entschluss, nach der Alkoholfahrt alle ihre Ämter niederzulegen, verständlicher erscheinen. Klar wird: Diese Frau ist wahrhaftig und lässt sich nicht verbiegen. Sie hat mit In der Mitte des Lebens ein Buch geschrieben, das nicht nur den Wert der Frau als Frau zusammenfasst und würdigt, sondern sie lebt das auch als Mensch und als Frau.

[Margot Käßmann, geb. 1958 in Marburg, Dr. theol., Dr. h.c., war bis Februar 2010 Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover und Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).]


Helga Fitzner - red. / 21. Juni 2010
ID 4683
"In der Mitte des Lebens" von Margot Käßmann
Verlag Herder
Aufl./Jahr: 5. Aufl. 2010
Format: 12,5 x 20,5 cm, 160 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-451-30201-5
16.95 €

Erschienen auch als Hörbuch bei:
Herder Audio,
Aufl./Jahr: 2. Aufl. 2010
Gelesen von Andrea Hörnke-Trieß
ISBN 978-3-451-31625-8
14,95 €

Siehe auch:
http://www.herder.de





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