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Rezension

Henning Mankell

„Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt“

Paul Zsolnay Verlag, Wien 2004

ISBN 3-552-05297-6

„Mit dem Leben hat es viel mehr auf sich, als wir sehen und wissen. Vor allem ist das Leben ein Geschenk Gottes an uns. Leben heißt entdecken, leben heißt tätig sein“.
Zitat aus dem Memory Book von Christine Aguga Owor

Eigentlich wollte Henning Mankell über das Massensterben an AIDS in Afrika und die vielen Waisenkinder schreiben, und doch handelt sein neuestes Buch in erster Linie von der menschlichen Würde und dem Leben an sich. Im Mittelpunkt seiner Aufzeichnungen steht die kleine Afrikanerin Aida, die sich liebevoll um eine Mangopflanze kümmert. So trotzt sie auf ihre kindliche Art dem Sterben ihrer Mutter, indem sie etwas am Leben erhält.


Everlyn im Alter von 13 Jahren | Foto: Thomas Dorn

Mankell hat im Lauf der Jahre einige dieser Erinnerungsbücher gelesen und mit Erkrankten gesprochen, die schon sehr bald ihre Kinder zurücklassen müssen. Die Kinder sollen erfahren, wer ihre Eltern waren, woher sie kamen, welche Überzeugungen sie hatten, und was sie für sich selbst und für ihre Kinder erträumten. Christine Aguga Owor lebte in Uganda und war Lehrerin. Sie hat ihren ebenfalls erkrankten Ehemann bis zu dessen Tod gepflegt und für die Familie gearbeitet und gesorgt; so lange ihre Kräfte ausreichten. Und – sie hat die Geschichte ihrer Familie und die Geschichte ihrer Kinder aufgeschrieben. Mankell hat dieses Büchlein in „Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt“ abgedruckt, das Christine im Jahr 2000 für ihre älteste Tochter Everlyn niederschrieb, die damals 10 Jahre alt war.

„Wenn du ungewohnten Situationen oder Herausforderungen im Leben begegnest, wirst du dir deiner eigenen Kräfte und Möglichkeiten bewusst werden. Früher oder später wirst du nach dem „Warum“ fragen. Was ist der Grund des Lebens, warum sind wir hier? Warum geschieht das? ... Vor allem aber kennen wir das Leben nicht, bis wir es leben und auf das hören, was es uns erzählt!“
Zitat aus dem Memory Book von Christine Aguga Owor



Kinder beim Lesen des Memory Books mit dem Großvater | Foto: Thomas Dorn

Mankell, der mit seinen Wallander-Krimis und Afrika-Büchern schon lange die Bestsellerlisten bevölkert, hat einen Wohnsitz im afrikanischen Mosambik, wo er mehrere Monate des Jahres verbringt. Vor allem in der südlichen Hälfte Afrikas ist es unübersehbar, dass ein großer Teil der mittleren Generation an AIDS erkrankt und in Massen einfach wegstirbt. Es bleiben die Alten zurück und die Kinder. „Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt“ ist wohl sein persönlichstes Buch. In dem von ihm verfassten Teil „Die Mangopflanze“ schildert er auch persönliche Erfahrungen. Selbst Kindheitserlebnisse oder lebensgefährliche Situationen, in die er geraten ist, kommen zur Sprache. Mankell wurde von seinem Vater groß gezogen und hat keine Erinnerungen an seine Mutter. Er klärt dieses Familiengeheimnis zwar nicht auf, doch kann es der Grund sein, warum er diese Memory Books für so wichtig hält. Dazu sind dann das Entsetzen und die Wut gekommen. Mit ausreichender medizinischer Versorgung und vor allem mit Medikamenten könnte man das
Massensterben erheblich verzögern. Doch eine solche Behandlung würde doppelt so viel kosten, wie Christine als Lehrerin verdient hat. Sie starb wenige Monate nach Vollendung ihres Erinnerungsbuches. Christines Tochter Everlyn ist nur eines von 13 Millionen AIDS-Waisen, die es weltweit mittlerweile gibt. 12 Millionen davon leben im Afrika südlich der Sahara.

Dabei ist Christines Heimat Uganda sehr fortschrittlich im Umgang mit der Krankheit. Schon 1986 entwickelte die Regierung in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen internationalen Organisationen Strategien zur Eindämmung von AIDS. Während sie in einigen anderen Ländern unter den Tisch gekehrt wurde, machte man in Uganda öffentlich auf die Problematik aufmerksam. Das war schon ein gewaltiger Schritt aus der Tabuisierung der Krankheit heraus. Dann wurde über vorbeugende Maßnahmen aufgeklärt. In den Jahren 1986 bis 2001 konnte in Uganda die Rate der Neuinfizierungen von 35 Prozent auf 6,1 Prozent gesenkt werden. Trotzdem leben immer noch 1,1 Millionen Infizierte allein in Uganda.

„Ich erwarte von dir, dass du dir meine gesundheitliche Situation, die ich in diesem Buch geschildert habe, zu Herzen nimmst. Sei dir stets bewusst, dass diese Welt Prüfungen und Nöte bereithält, mit denen man fertig werden muss. Du solltest dir auch Zeit nehmen, deinen familiären Hintergrund zu betrachten, und solltest versuchen, Qualität und Dauer deines Lebens positiv zu beeinflussen.“
Zitat aus dem Memory Book von Christine Aguga Owor


Kinder aus dem Plan Projekt, Foto: Lovisa Kiwan Thuresson


Hope for African Children

Eine der Organisationen, die sich für diese Kinder einsetzt, ist Plan International. Der Erlös von Mankells Buch wird für Projekte in Uganda eingesetzt. Plan führt dort seit 1994 Maßnahmen durch, die der Aufklärung über HIV sowie der Behandlung dienen. Beratungen, Testmöglichkeiten und die Bereitstellung von Medikamenten sind integraler Bestandteil. Seit 1999 liegt der Schwerpunkt in der Betreuung der AIDS-Waisen, denen bei der Nachlassregelung und Zukunftsplanung geholfen wird. Am wichtigsten ist es jedoch, diesen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen, denn der Analphabetismus leistet der Ausbreitung sämtlicher Krankheiten Vorschub, weil das Wissen nicht erworben werden kann.

Die Pressestelle von Plan Deutschland versorgte uns freundlicherweise mit Informationsmaterial und stand zur Beantwortung einiger Fragen zur Verfügung.

Kultura extra:
War Plan International von Anfang an in Mankells Buchprojekt involviert?


Plan Deutschland:
Die Kollegen vom Plan-Büro in Schweden haben mit Henning Mankell zusammengearbeitet. Mankell war auch selbst vor Ort im Projektgebiet in Uganda.
Mankell hat aber zuerst das Buch geschrieben, und dann fragte der Verlag bei Plan nach einem geeigneten Memory-Book.

Kultura extra:
Wie viele Patenkinder betreut Plan in Uganda?


Plan Deutschland:
Plan International unterstützt im Augenblick 31.638 Patenkinder in Uganda, davon wurden 2.941 Kinder von Plan Deutschland vermittelt.

Kultura extra:
Wie viele davon sind AIDS-Waisen?


Plan Deutschland:
Die Patenkinder werden nicht in AIDS-Waisen und Nicht-AIDS-Waisen unterschieden, um erstens eine Stigmatisierung zu vermeiden und zweitens häufig auch nicht klar ist, ob die Eltern der Kinder an AIDS gestorben sind oder anderen Krankheiten.

Kultura extra:
Mit entsprechenden Medikamenten und medizinischer Betreuung hätte die Lehrerin Christine Owor, von der das Memory Book stammt, lange genug leben können, um ihre insgesamt drei Kinder noch selbst groß zu ziehen. Gibt Plan auch Medikamente aus?


Plan Deutschland:
Wir haben auch ein Budget für Generika (Anm. der Red.: billig produzierte Medikamente mit identischen Wirkstoffen), das Hauptaufgabenfeld unseres Kinderhilfswerks liegt aber in der Aufklärungsarbeit und der Versorgung der Kinder.

Kultura extra:
Für die kleine Everlyn, die heute dreizehn Jahre alt ist, soll von einer Journalistin die Patenschaft übernommen worden sein. Diese Frau hatte vor Ort über das Projekt geschrieben.


Plan Deutschland:
Die Brigitte-Redakteurin Claudia Münster hat tatsächlich die Patenschaft von Everlyn übernommen.

Kultura extra:
Bei der Anzahl von 13 Millionen AIDS-Waisen könnte man auch resignieren, weil die Aufgabe gar nicht mehr zu bewältigen ist. Plan International hat sich aber mit mehreren Hilfsorganisationen zusammengetan und die Initiative „Hope for African Children“ mit ins Leben gerufen. Hat sich das als vorteilhaft erwiesen?


Plan Deutschland:
Da sich bei „Hope for African Children“ mehrere Hilfsorganisationen zusammengeschlossen haben, können sie im Bereich der Lobbyarbeit mehr erreichen. Das heißt, auf politischer Ebene fällt die gemeinsame Stimme der Organisationen mehr ins Gewicht, wenn sie zum Beispiel Regierungen auffordern, mehr im Kampf gegen Aids zu tun oder Einfluss auf die Pharmaindustrie zu nehmen.

Kultura extra:
Wir wünschen Plan International viel Erfolg und danken für die Unterstützung.




Helga Fitzner - red / 16. September 2004
ID 00000001228
siehe auch: www.hopeforafricanchildren.org

Weitere Infos siehe auch: http://www.plan-international.de






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