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HAUS DER KUNST MÜNCHEN bis 09. September 2007:

Sonderausstellung Gilbert & George

In Zusammenarbeit mit der Tate Modern, London


Gilbert & George in their London home, 1987 by Derry Moore

GILBERT & GEORGE - Die Popstars der zeitgenössischen Kunst


Als ich im Frühjahr d. J. in London war, besuchte ich das Museum Tate Modern, es lief zu diesem Zeitpunkt gerade die Sonderausstellung von Gilbert & George und ich war sehr beeindruckt von den Werken der Beiden. Dies war für mich auch ein Grund, die Ausstellung in München noch einmal zu besuchen.

Betritt man den Eingangsraum, führt kein Weg mehr an GILBERT & GEORGE vorbei. Die imposanten Werke der Beiden springen einem sofort ins Gesicht und man bleibt gefangen stehen und lässt sich auf die Werke ein.

Die Werke von Gilbert & George sind mit Bedacht so installiert, dass sie aufgrund der Rahmentrennung eine Isolierung erzeugen und sich doch wieder wie ein Puzzle zu einem großflächigen Bild zusammenfügen. Die beiden Künstler legen bei ihren Installationen sehr großen Wert darauf, dass sie sich auch in den Raum fügen und als Gesamtes widerspiegeln.

Die Bilder spiegeln den Reichtum menschlicher Empfindungen. Schonungslos wird auch die Ergründung des eigenen Körpers bis hin zur Selbstentblößung und Verwundbarkeit dargestellt. Daher ist es auch kein Zufall, warum immer wieder das Kreuz in ihren Werken zum Vorschein kommt.

Nahe gebracht wird dem Betrachter der gesamte Lebenszyklus wie Geburt, Hoffnung, Glaube, Samen, Blüte, Herbst und Tod. In späteren Bildern werden auch Themen wie das Leiden am Altern, Beziehung und Unsicherheit, aber auch politischer Zeitgeist angesprochen.

Gilbert & George - Cherry Blossom No 1, 1974 , 251 x 211 cm, © The Artist, Courtesy Jay Jopling / White Cube (London)

Die Inszenierungen sind Alltagsgeschichten, Terror, Sex - und das wichtigste Element in den Werken sind zweifellos die Künstler Gilbert & George selbst. Sie stellen sich immer wieder im traditionellen, gepflegten britischen Stil mit Anzug und Krawatte dar.

Gilbert & George - Four Feelings, 1980, 242 x 202 cm, © The Artist, Courtesy Jay Jopling / White Cube (London)

Die Kunst von Gilbert & George ist von einer existenziellen Sondierung des modernen Lebens geprägt. Indem sie ausloten, was es bedeutet, in einer Großstadt zu leben; die Spannungen und Sehnsüchte, die durch das Nebeneinander disparater kultureller Traditionen und Werte entstehen.

Gilbert und George schafften sich Freiräume, in denen sie gesellschaftliche Tabus zu brechen versuchten und das System von innen untergruben. Nach Ansicht von Gilbert & George teilt Kunst die Menschen in zwei Klassen: die Gebildeten und Ungebildeten - und genau hier ist der springende Punkt, den sie aufheben wollen. Sie wollen eine Kunst ohne Eliten, ohne den unvermeidlichen Anhang von blasierten Figuren, eine Kunst ohne Kunstszene.

Gilbert & George machten sich zu „Living Sculptures – Lebendige Statuten“ und präsentieren sich selbst immer wieder in Alltagsritualen, wie Trinken, Rauchen, Spazierengehen, als banale Skulpturen mit automatenhaften Bewegungen oder in absoluter Reglosigkeit und stellten so eine entleerte, stereotype Indentität dar.

Wer sind diese Künstler?

Gilbert Proesch, geboren 1943 in den Ladiner Dolomiten in Südtirol und George Passmore, geboren 1942 in Devon in England. 1967 lernten sie sich in der Bildhauerklasse der Londoner St. Martin’s School of Art kennen.

Seit mehr als 40 Jahre leben und arbeiten sie gemeinsam im Londoner East End.
Anfang der 7oer-Jahre begannen Gilbert & George zu trinken und schufen so die „drinking sculptures“. Gin Tonic wurde zum Lieblingsgetränk. Sie wählten Gordons, da es der beste Gin war.
Ihre systematischen Trinkgelagen in den gepflegten Maßanzügen wirkten seinerzeit sehr irritierend.

„Damals haben Künstler erst 30 Jahre lang unterrichtet und sich anschließend – wenn sie merkten, dass es inzwischen zu spät war, um Kunst zu schaffen – zu Tode getrunken. Wir haben auch getrunken, aber schon vor der Pensionierung, und daraus sehr gute Kunst gemacht.“ (Gilbert & George in The Observee Magazine, 28.1.07)

Neben ihren Signaturen haben Gilbert & George oft das Wappen der Krone gesetzt, was im Vereinigten Königreich verboten ist. Inzwischen ist die Krone durch ein neues Familienwappen ersetzt: die Filzlaus. „Es sind Läuse, die man, nun ja, beim Sex bekommt. Kopfläuse besitzen diese moralische Dimension nicht. Sie stellen keine Schande dar. Unsere Läuse schon“. (Gilbert & George ins SZ, 2.3.07)

Die Filzlaus ist mit Scham und Ekel behaftet. Um sie davon zu befreien, haben die Künstler sie halbiert, beide Hälften gespiegelt und symmetrisch an die Wände projiziert, so dass sie auf einmal die Würde eines Wappentiers besitzt.


Statement von Gilbert & George 1969:
„Wir trafen uns letztes Jahr in London. Wir träumten von einer Welt voll Schönheit und Glück, großem Reichtum, neuen Wonnen, voll Freude wie Kinderlachen, süße Musik, Farben, Form, einer Welt der Empfindung und Bedeutung, einer neuen besseren Welt, von köstlichen Katastrophen, herzzerreißendem Kummer, voll Abscheu und Furcht, eine vollkommene Welt, die ganze Welt eine Kunstgalerie“.

Gilbert & George - Singing sculpture, 1991, Presented at Sonnabend Gallery, New York, 1991

Die Ausstellung zeigt etwa 200 Werke des berühmten Künstlerduos aus 40 Jahren und allen künstlerischen Medien, in denen Gilbert & George gearbeitet haben.

Die Ausstellung läuft noch bis 09. September 2007 im Haus der Kunst in München. Siehe auch unter www.hausderkunst.de.

Weiter ist auch ein Katalog in deutscher Fassung bei Hatje Cantz erschienen.


Christa Linossi - red. / 12. August 2007
ID 00000003395

Weitere Infos siehe auch: http://www.hausderkunst.de





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