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Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006 ||Ansicht von Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


Die Enden der Bewegung
oder wie Mythen begehen was von ihnen spricht

Szenen des Blinden zur Malerei Valérie Favres

All on a surface has a space behind (Donald Judd)



Text: Gerald Pirner
Foto: Adel

Streifen wandlang und solcher darin tastbar es selbst wo er nicht ist in seiner Veränderung freilich auch dass es da glatter denn der Anstrich als Daneben hier nur gespürt von dem was er verdeckt weil aufgemalt… Streicht weiter Rahmen um Rahmen um Wand um Raum ihm nach diesem Streifen das er selbst ist und zu einem gebrochenen Rhythmus skandiert bespannte Leinwände selber Abstand selbe Bewegung selbe Geschwindigkeit ein Takt…

Drehbuch I
Eine Frau in einem Auto eine Pistole auf sie gerichtet. Die Stimme eines Mannes: „Steigen Sie aus.“
Schnitt.
Selbe Nacht selbe Straße - im Nachhinein sprich vom Tod her – rasend ein Bus. Ekstatisches Gekreisch in allen schreibaren Frequenzen stimmvervielfacht.
Schnitt.
Das Gesicht nochmals dies Gesicht genauer diese Frau. Dann ein Schlag nicht der erwartete. Sie steigt aus. Alle anderen tot. Keiner überlebt den Unfall außer ihr. Aber vielleicht war da auch sonst niemand und sie hatte nur diese Tür zu öffnen diese Autotür oder welche Tür auch immer. Da hindurch da hinaus. Stolpert ins Gebüsch.

„Und ich springe wieder zum Titel Der dritte Bruder Grimm wo ich mir gedacht es ist kein Märchen sondern eine Tür“1

Den Film in seine Erstellung gekippt und getrennt ihn von seiner Bewegung was im Grunde nicht möglich und das weiß er so löste Grund sich zusammen mit ihr aufgemalt nur noch Spur von sich selbst so dass allein das Gehen des Betrachters der Betrachterin hier entlang dieser Spur den Bildern Bewegung… Fließen im Stillstand ein Band die Wände lang gradlinig gehängten Gemälden Maß und Halt und nicht minder außen denn der Name der dürftig solch Halten stützt: Mulholland Drive/Hollywood… Drehen und Wenden einer Betrachterin Schritt um Schritt Projektion und Projektor verkörpernd und blind ihrem Schauen zugehört wie es Rahmen um Rahmen ins Bild stürzt während sie glaubt zu beschreiben… Leinwand und die Hand blind Malmaterial sich zugetastet andern Tags andern Orts eine andere Projektionsfläche – der perforierte Zelluloidstreifen maschinell durch die Finger die ihn spürbar verschlieren und fragte sich damals ob diese Schmierer noch auf der Leinwand zu sehen etwa wenn das verbrannte Gesicht erscheint dies ins Leben gezogene Todesmal… Jetzt aber und hier in der Villa mittels Leinwand die Bilder in Stand gestanzt fabrikmäßig gleicher Abstand zueinander und 24 an der Zahl im Film solche pro Sekunde als die Geschwindigkeit in der Augen der Vorstellung Wirklichkeit abnehmen und das in Gestalt von Bewegung…

„Ich baue parallele Welten Der Dritte Bruder Grimm erzählt etwas zu den beiden anderen dazu, eine parallele Geschichte. Der Maler ist auch irgendwie ein Übersetzer. Er übersetzt eine Welt in eine andere.“

Übersetzen von einer Projektionsfläche zu einer anderen von Leinwand zur Haut etwa oder zu etwas was Licht erst sichtbar macht akustische Wellen hörbar und ohne Körper und Fleisch weder das eine noch das andere… Erst in ihrem Zustoß wird Welt und verschwindet sogleich im Bild das von ihm spricht von ihm nicht von ihr eine Erzählung dabei stiftend in deren Im-Nachhinein Leben dann möglich…



Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


Erste Projektion
Der richtungslose Zustoß, dem kein Bild Entkommen in Beschreibbarkeit verspricht, zieht Inschriften aus durchtrennten Körperschichten zusammen und das auf sein Mal hin. In seinem Klaffen, dem weder metonymisch zu entkommen noch assoziativ endgültige Verdichtungen beizubringen, stürzen beide Linien der Sprache, und in seiner Reflektion vermischt hält keine Begrifflichkeit Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges auseinander. In einer Art radikalem Empirismus öffnet sich im Zustoß eine ästhetische Erfahrung, die den augenblicklichen Richtungsverlust des Denkens zu nutzen versucht und dabei an die bildlose Bewegung des Blinden anknüpfend, die in gewisser Weise nur synthetisch begangen. Indem Valérie Favre die Kinosekunde in ihre Bilder zerfallen lässt, wird die Bewegung zu dem was sie eigentlich ist: das Bild eines Ablaufs, das in Erzählung mit anderen Bilder zusammengebracht wird. In Favres Autos in der Nacht ziehen sich diese beiden Bewegungsaspekte in zwei Verkörperungen zurück, einerseits ins Gemälde als Sog, als Einsturz, als Zustoß des blinden Tastens und andererseits in die Betrachterin, ins scheinbare Entkommen durch das Sprechen. Film gerinnt so zur Metapher blinder Bewegung überhaupt, oder weist alle Bewegung als blind aus. Die Bewegung des Blinden – Aufnahme schrittweiser Einstürze akustischer, haptischer, taktiler und olfaktorischer Art in Kontinuität synthetisiert – gehorcht dem Bild von Erzähltem, entlang dem sie sich ausrichtet. Die Bewegung des Blinden ist somit der Stillstand aus dem heraus Fortkommen nur denkbar: Bewegung als der Halt von Allem auf einmal lässt erst Richtung möglich erscheinen, die jedoch immer zugesprochen sein muss und sei es in indirekter Rede, gleichsam von Erzähltem, von zu Geschichte Geschichtetem, die ein jeder Schritt zu sich ruft um weiterzukommen. Wie der Film setzt sich also die blinde Bewegung aus stillgestellten Bewegungen zusammen, die gleichsam künstlich (von einer Erzählung) zum Laufen gebracht. Valérie Favre kippt die Bewegung in die Betrachterin und schlägt in ihren Gemälden gleichsam das Ende der über-gehenden Bewegung vor, indem sie deren Basis, die Erzählung inszeniert, und dem Bild die eigene einstürzend sogartige Bewegung zurückgibt. In so unterbrochenem Flusse wird aber auch deutlich, dass die Bewegung der Betrachterin selbst eben kein Fluss, keine natürliche Kontinuität, sondern in Rahmungen zersetzte Gedachtheit, die immer erst ein Außen zusammen und in Bewegung bringt, ein Außen, auf das sie freilich kaum Einfluss hat, unterliegt es doch zu allererst der Sprache. Der Blinde erfährt diese nur gedachte Natürlichkeit der Bewegung in einem jeden Schritt ganz körperlich. All seine Bewegungen sind von Erzählungen zusammengehalten, die auch daran erinnern, dass alles bereits ausgesprochen, und eine jede Bewegung einer indirekten Rede folgt, sie kommentiert, sie interpretiert.

„Hat jemand von den toten Jugendlichen Perlenohrringe getragen?“
„Nein.“
„Es wär’ auch möglich, dass noch ne Person dabei war.“
„Habe ich auch schon gedacht.“

Das Bild die Erzählung der Mythos
Eine Stimme Schritte dann die eigenen über die Treppe der Villa. Unten mit anderen zu sich gesammelt bis sie stehen um sie zu hören. Gekommen und hier jetzt zum Stehen gebracht von einer die noch einmal kurz mit Namen und Lebensdaten ausgezeichnet bevor sie zu sprechen beginnt dabei ihr Sprechen entschuldigend. Valérie Favre Schweizerin aus Paris Malerin Frau: dass sie gerne mit Worten spiele nicht in dieser Sprache noch nicht aber auch in dieser Sprache werde es ihr bald möglich sein. Jetzt in einer anderen etwa Lapine nahe an peinture und dass die Häsin des Hasen auch der Phallus sei der Pinsel den sie als Malerin ergreife diesen Pinsel diese Öffnung diese Türe zu Erzählungen hin wie sie sagt auch den gelebten der Schauspielerin Valérie Favre.

„Also dann Türe, Bühne, die ich zusammenzubringen versuche in den Bildern, dazu brauche ich natürlich Darsteller, Kostüme, Licht, Farbe, Formen, alles…“

In ein Bild eindringen einbrechen in es ein Blinder zu sehen sein Körper in einem Raum wovon nichts zu hören horcht nein nichts aber er geht davon aus muss davon ausgehen jede Bewegung eine Unterstellung wie auch die einer Stimme die all dies Auf-Einmal nacheinander ausspricht dass sie ihm eine Richtung Bild einer solchen wenigstens dem er sich unterwirft diesem Bild von ihr von dem er ausgeht von dem er ausgehen muss dass er da durchkommt in einem Schritt etwa hier der seine den er jetzt tut den er jetzt geht verdoppelt von der Wand die in ihn einbricht und das sei gut so nur wenn ihm etwas zustößt kommt er irgendwo hin hält ihn etwas auf und das sagt er meine er wörtlich…
Haut blind auf Leinwand Worten von Gesehenem nach schaut sie an die sie beschreibt die Hand Spuren von Bewegungen und Rückständen einer anderen was da heruntergelaufen was da verfleckt nacktgrobe Gewebestrukturen und dann etwas Fettes das sich abhebt ölig heraustritt Spitzes dahinter vorsichtig die Kuppen hier die der Finger dass nichts abbricht und dass das Stiefel seien und das die Schenkel und etwas wie ein Body über einem breiten Becken Haare nach oben nein Ohren ein V sagt sie wie ein V-Ausschnitt wie sie sagt und er denkt an die römische Fünf bei Siegmund Freud die Wölfe dort hier eine Häsin Zeichenschenkel gespreizt die Hand nachgefahren treibt sie noch weiter auseinander ein Strich als Mund keine Lippen und dass sie wohl grinst…

„Lapine Universe Der Dritte Bruder Grimm Chimären, die Mythologie ist voll davon.“


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


Zweite Projektion
Kein monolithischer Korpus mit dem sich zu befassen – als in ihm gelebt webte der Mythos sich in solchem Leben aus, immer das Doppel offen haltend, den Schatten, die nie endgültige Fassbarkeit. Jeder Griff aus letztlich Unbegriffenem, verspurte Bewegung im Spiegel einer Wiederholbarkeit, in der sie erst ertragbar. Den Körper in solchem Dazwischen gehalten, hielt Welt - immer in kreisendem Werden - sich ihn als Mittel ihrer Feststellbarkeit, als ein Medium in dessen Gesang, Tanz und Ritual sie zeit/räumlich einkehren durfte. Gelebt nicht in Ausschluss oder Differenz, gelebt in ekstatischem Aufeinmal erschöpft Welt sich in Fatum unterworfenen Körpern, die zur Ruhe erst finden durften als das Sprechen eine Form des Endes ihnen erfand: die Erzählung, sei es als Mythos, sei es als Epos, sei es als Tragödie. Ort der Erzählung immer Schnitt zweier Bewegungen, einer des Entkommens, des Und-Weiter, einer die unausweichlich von ihrem Ende her gesprochen, zu dem sie zugleich hinbewegt, und einer anderen des Zustoßes, des Auf-Einmal, der Prägung und der Wiederholung, die am Bild hält, was sich unbeendbar an ihr spricht, ohne sich aussprechen zu lassen. Ein Sog, der von sich nicht ablässt, der andererseits der Erzählung auch Rahmen ein Ende ihr ermöglichend, zugleich solches in seiner Unentrinnbarkeit verratend, die Erzählung ins Sprechen stürzend, ins Sprechen von ihrem Bild her, das nichts hält denn sein Rahmen und den gerade löst das Sprechen ja auf. Ohne Erzählung ist Bewegung nicht erfahrbar und ohne Bild hätte sie keinen Halt, könnte weder ausgeführt, noch begangen, noch vollzogen werden. Allein in der Konstruktion eines Bildes, in der Künstlichkeit eines Rahmens von-zu ist Bewegung dem Menschen denkbar, verdoppelt sich zu Leb- und Erfahrbarkeit. In der ersten Erzählung des Menschen hatte Bewegung zu Beendbarkeit gebracht werden müssen, auf dass sie nicht einfach fortreiße. Erster Zweck des Mythos vielleicht daher, und noch bevor von Menschen überhaupt auch nur ein Wort ausgesprochen: die Öffnungen eines Raumes, in welchen Worten zu Grenzen gehalten, sich an seinem Echo zu Sinn und Bedeutung brechend. Wenn es denn überhaupt einen Archetypus im menschlichen Denken und Erfahren gäbe – Valérie Favre sprach von solchem in ihrer Führung – dürfte es nur die Zerbrochenheit sein, das Gebrechen, der Zustoß, und in deren Wiederholung das Double, der Schatten, der Widergänger, das Dritte also, das die Zwillinge immer daran hindert, wieder Eins zu werden: Der Unsichtbare Dritte, Der Dritte Mann, Der Dritte Bruder Grimm…
Für einen Blinden ergeht sich Favres Ausstellung wie eine akustisch-taktile Analogie blinder Wahrnehmung selbst – auf einmal wie ein Zustoß ins Bild stürzende Bewegung, in ein Außen als Serie oder Triptichon vervielfacht, dass abzählbar oder als Zeitabschnitt etwas zur Ruhe kommt, das ein Bild nicht fasst, das sich fortsetzt, fortpflanzt, immer wieder anderswo erscheint, aber immer alles auf einmal dabei mit sich hereinbrechen lassend. Fast natürlich die scheinbar unnatürliche Bewegung des Films, hier in Gestalt von Lynchs Mulholland Drive als Fluchtpunkt und Zusammenhalt zitiert, der freilich genauso Mythos und Erzählung wie die Bilder selbst, die sich an ihm aufladen, schwer werden, und seine Bewegung in den Stillstand zwingen, ihn in Bildern zerfallen lassend, seine Künstlichkeit, seine Erstellung und Erstelltheit offen legend. Der Rahmen, die Erzählung als Paradox einer nicht zu Ende zu bringenden Wiederholung, zeigt das Ende als Unerreichbarkeit. Die Gemäldeerzählungen Valérie Favres finden kein Ende, pflanzen sich in Malresten, wie sie selbst sagt, „als Kollateralschäden auf anderen Bildern“ fort, treiben ihre Gestalten durch Serien und Zyklen und noch in andere Serien und Zyklen hinein. Die Erzählung unabschließbar wie das Sprechen, ein nicht enden könnendes Werden… Eine Bewegung, die, solange sie nicht aufhört, sich auch aller Bezeichnung entzieht, nicht einmal Bewegung selbst, vielleicht einfach nur Dauer…

Landschaften aus etwas heraus ins Bild tretend verschwommen unvollständig fragt er als ob sie noch nicht ins Bild gekommen oder schon wieder weg ihre Stimme Bäume in Böden rinnend denen der Bildrahmen letzter Halt vor dem Auslaufen und dann zwei Hütten „Immer wieder zwei Hütten“ „und dann ein Pferd das kein Pferd mehr ist“. Immer sei da aber auch etwas Gegenwärtiges das an Reisen denken lasse oder wie er denkt an Entkommen Autos Flugzeuge Motorräder „denn in diesen Wald möchte ich nicht hineingehen“.

Drehbuch II
Vorne etwas wie ein Kadaver geht näher heran ihre Stimme von vorne gebrochen dass sie jetzt ganz nahe sein müsse sieht so aus als ob da etwas verwest. Klopfen auf Holz eine Türe wohl Stimme einer Frau einen Namen rufend von außen zu hören jetzt noch von außen später dann innen sollte sie auf eine Frauenleiche zugehen sie würde auf diese Leiche zugehen die in solchem Maße verwest und entstellt dass zunächst nicht gesagt werden könne ob es der eigene Körper der da liegt der von ihr die sie sieht jetzt von hinten die Kamera sich auf diesen Körper zubewegt der da liegt später dann das Gesicht ja dass es sie sei die die sie sieht die sie anschaut und ihm das sagt erschrocken von ihrem Anblick zusammengezuckt das spürte er ja das sei sie jetzt aber noch nicht in diesem Moment noch nicht wie gesagt jetzt stehe sie vor dem Raum vor der Wohnung vor dem gekippten Fenster und dass es stinkt dass es süßlich stinkt durch das Fenster aus dem Raum in den sie hinein will obwohl sie aus ihm herauskommt im Nachhinein gesehen und dass sie da niemals wieder zurück wolle dass die andere sie abzuhalten suche dieses andere Gesicht diese Doppelgängerin die so ganz anders ist. Ja da ist etwas das verwest bückt sich hörbar aber ich würde das nicht erkennen er tritt heran die Finger die Hand darauf leichter Druck und der Grund gibt nach wie Haut auf Fleisch Spuren von etwas das herabgetropft herabgelaufen tastet vorsichtig dass nichts bricht bei dickem
Farbauftrag die Elastizität des Grundes vermindert bei starkem Druck risse die Farbe er aber ist vorsichtig die Hand die Finger die Kuppen nur leicht darüber gestreift.

Der Grund und der Körper
Fett herausgeplatzt zu dickflüssig um weitergekommen zu sein trocknete in einen schmalen Streifen hinein Verkrustungen als Ränder denkbar rau sie noch obschon an manchen Stellen von einer glatten Narbe auseinander getrieben. In Auftrag verschwartete Tierhaut gewebeblank gescheuert dazwischen herablaufende Tropfspuren nichts verspritzt wäre sonst wohl eher flächig zu tasten geschwürartig ein Fleck heraustretend die Hand länger bei ihm wird feucht als ob er etwas ausscheide nicht verschmierbar aber ausgetrocknet noch lange nicht. Fleischartig zäh im Handdruck neben gläserner Gewebelasur hohl den Klang der Spannung heraus geklopft Materialien aufzählbar verschichtet auf Grund der sich der Berührung verrät und den ganzen Malauftrag gleich mit der seine Zurückhaltung aufgibt seine Unterwerfung unter das Bild der unter Berühren und Tasten unterschiedliche Nuancen von Intensität und Elastizität sich der Hand gibt sich in ihr verkörpert um das zu werden was er trägt von dem er jetzt nicht mehr unterscheidbar. In Blöße gegerbt andern Orts Adern aus zu dünn geratener Haut und sklerotisch verknöcherten und zerrunzelten Flächen Schorf schon wo weiter oben noch der Schnitt klafft den die Finger umranden den ganzen Körperrest in sich hineingezogen von dem in ihrem Streifen nichts sonst zu spüren. Freilich auch nicht und berührt und berührend getauscht wo es schon nicht zu trennen solch spaltverkarstete Landschaften die kein Bild halten Kartogramme eher wie er denkt oder Protokolle von einer die das vor ihm vor Unzeiten durchmessen achtlos Spuren dabei hinterlassend. Die Hand ihnen nach sinnlose Geste wo blind sie weder Davor noch Danach kennt. Was er da also zusammensetze oder Sätze in ein Nacheinander schleifen eine jede ihrer Berührungen nichts denn auf ein Mal und vollkommen anders zugleich und das immer wiederholt die Berührung und aufs Neue ein und dasselbe Tasten und ein und dieselbe Berührung und doch jeweils vollkommen anders. Haut um Haut die Reste in Addition zu Geschehen konstruiert dass er da wenigstens wieder rauskomme: einer mit einem Zylinder hohe Fenster gotisch hoch und ausgeleuchtet sei es doch Nacht wie er sich erinnere ja da ist Licht sie wartet sie schaut wie er hört und ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern das auf die Betrachterin zukommt.


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006



Dritte Projektion
Der Grund erneut zugestoßen, Handlung auf seiner Seite, obschon er gefasst, begegnet in gewisser Weise alles Erwartete, zerstreut kaum dass er berührt geschweige denn zugestoßen wie andermal, was eindringt, und sei es noch so leicht – den ganzen Körper mischt es neu aus, lässt ihn, in ein paar Hautfetzen geschrumpft, vergessen sein, verdeckt von Hand und Finger, als wäre da sonst nichts mehr an Haut, nur noch die paar Fetzen, die jetzt tasten, die berühren, die über etwas streifen, ohne alle Kontinuität allerdings. Immer wieder aufs Neue stößt etwas zu, reißt den Grund auf oder der Grund die Haut, jede Bewegung in Schnitte zersetzt: erst das Wort, hier Bewegung oder Grund, zeitstiftender Rahmen, blind er in Bildfunktion geradezu gespürt, denkt dem nach, denkt es zu Geschehen aus und zu dem seines Denkens, zur Zeit in der er denkt, er, der Blinde im Bild selbst, ohne alles Sehen das Sehen angeschaut wie es sich vollzieht, zu Geschehn gerahmt, zu Erzählung um das wieder zu schließen, was ihm zugestoßen, den Grund, der ihn aufreißt, der ihn immer aufreißt, der niemals aufhört ihn aufzureißen. Dann ihre Stimme, zieht ihn heraus und lässt ihn zum Stehen kommen, die Sohlen gewichtsversicherter Horizont von unten…

Das Double und die Inszenierung
„Und peu à peu habe ich in meinem Studio etwas entwickelt, wie eine Chimäre, etwas zwischen alles und nichts und dies Nichts ist geboren, diese Häsin, peu à peu […] O.k. meine Darstellerin wird auch mein Pinsel sein und sie hat bei mir einen so großen Platz eingenommen, weil sie auch mein Logo ist […] Wie im Märchen habe ich mir gedacht, wenn ich eine Zwergin hätte, oder eine Fee, oder etwas wie einen Geist der mir hilft.“

Drehbuch III
Eine Frau ihr Gesicht das selbe wie zu Beginn und sie gefragt wie sie heiße ihr Blick das Plakat eines Films und eine Frau darauf darüber deren Name den sie ausspricht der zugewandt die sie das fragt das ist zu hören und zu sehen dass es nicht der ihrige dieser Name den sie liest den die liest die ihr zuschaut die die sie anschaut wohl nicht so wie sie fortfährt im Gespräch sie anspricht und dass sie im Nachhinein gedacht nur mit einem Namen mit einem ausgesprochenen Namen überhaupt ansprechbar fortgesetzt wie jetzt zu hören auch angesprochen auch wenn es nicht der ihrige was aber nur zu sehen und zu hören dass die die sie anspricht davon ausgeht dass er es sei sie das sei die mit diesem Namen dem selben der vorher zu lesen über der Frau die zu sehen auf dem Plakat wie ihm beschrieben sie die das sieht was er nicht hört dass er jetzt hört dass er nicht sieht und im Hören das Nichtgesehene zu hören das freilich nicht das ist nicht möglich hört er doch nur dass er nicht sieht und noch in dem was sie erzählt von Gesehenem hört er nur das denn ob sie das wovon sie erzählt gesehen könne er nicht sagen da er das nicht hört und sehen könne er es nicht

Die Hand einer Malerin zum Abbild sie doppelnd. Belastbare Schwerkraft an der Werden noch hält ohne sogleich in Gestalt verraten zu sein. Als ihr Spiegel, als ihr Logo ausgestanden füllt beendet Geglaubtes in ihrem Sprechen sich erneut auf und die Elemente der Inszenierung, von denen da gehandelt, in ihren Rahmen hat sie sie zurückzutreiben, hält der doch nur das, was zu Gestalt kommt. Favres Ver-Wesen verweigern sich dem. So scheint die Inszenierung, von der in ihrer Einführung sie spricht, in Stimme und Gesten der Malerin selbst erst Statt zu haben, verkörpernd sie Wort um Wort. Diese Notwendigkeit sprechen zu müssen scheint sie auch zu spüren, wenn sie sagt: „Ich spreche viel heute Abend, Malerei aber sagt nichts, die malt nur.“ Ihrer Stimme Bilder in sie eingreifend verdoppelt als was fortgepflanzt und nicht zu erschöpfen in der Lage, ein Zwitterwesen im Rahmen, den es zu seiner Schwelle macht um auch in anderen Serien zu Erscheinung zu kommen. Die Elemente der Inszenierung – in ihrer Un-Gestalt wechselnd – zu bestehen sie an ihr oder sich, was hier das selbe, wie Kontrapunkte einer mythischen Fuge in Beziehungen durchgespielt: da sind die Bäume, da sind die Hütten, da ist ein nicht zu Festigkeit kommender Boden, da sind die Verkehrsmittel, da ist die Nacht, da sind die Wesen mit den ausgewischten Gesichtern, und in einem jeden Wort, in welchem all dies belegt, entgleitet Schauen und Tasten jedem Begriff, der im Getasteten und im Geschauten nur verhöhnt. Die Stimme aber die da spricht, die mit ihrem Körper um ihr Schauen, ihr Hören und ihr Sagen wirbt, nur geglaubt kann ihr werden und muss ihr werden, entzieht ja auch sie sich aller Signatur des Begriffes, kommt darin in keinster Weise zu sich und so wiederholt sie, und so wiederholt sie sich…

Die Serie nimmt die Wiederholung als Form auf, ein Kunstgriff gleichsam von Außen etwa in einer Zahl wie 24. „Das ist die Zahl der Bilder eines Filmes pro Sekunde.“ Ihr unterwirft sie die Anzahl der Gemälde des Zyklus Autos in der Nacht, überträgt damit zugleich die Filmbewegung auf die Betrachterin, deren Erinnerung Bild um Bild, Szenen aus Mulholland Drive wachruft, wie etwas, das statisch vor ihr, das Filmende überdauert… Wo Gestalten schon nicht zu sich kommen und kein Ende finden, wird dies Ende ihnen zugesprochen, manchmal ein geradezu magischer Akt, wenn Favre etwa davon spricht, dass ein bestimmter Zyklus bald geschlossen werde, ein anderer schon sehr lange offen sei und auch noch eine Weile offen bleiben werde. Solche Sätze, nicht einfach Einführung ins Werk oder Erklärung eines solchen, eher Teil einer Magie, der Malerin wie Zuschauer oder Zuhörer unterworfen, die in dem Moment in welchem sie spricht sich ereignet… Im Rahmen die Elemente des Gemäldes ausgespannt, finden in ihm sie doch keine Ruhe. Darin aber auch die Frage aufgeworfen, ob Werke denn anders als durch Serie zu einem Ende zu führen, durch das Außen einer Bestimmung, einer Feststellung, einer Äußerung, eines Genug!, durch das Außen einer Geste, die in Grenzen weisend eingreift, wie die Worte Valérie Favres es tun. Freilich, Malerei spricht nicht. Aber ähnlich wie oben für die Erzählung entwickelt, scheidet erst das in Sprache Zeit gewordene Bild von Bildern, bringt sie aus ihrem Aufeinmal ins Nacheinander und ermöglicht so sie los zu werden. Vielleicht nämlich sieht der Mensch nur um sich von seinen Bildern trennen zu können. Dementsprechend sähe der Blinde nicht zu wenig sondern zu viel, fehlte ihm ein Bild als Rahmen, das sich der anderen Bilder bemächtigte, sie begrenzend, sie in Distanz treibend… Valérie Favre erprobt in ihrer Malerei gleichsam die Tragfähigkeit solcher Rahmen, setzt sie der Wiederholung der Erzählung aus, und treibt die Wiederholung der Erzählung gegen die Erzählung, so als fürchte sie, dass ein Rahmen nicht genug um dies ungestalte Werden bei sich zu behalten. Und so verdichtet ihre Stimme das Gesehene nochmals als Zeugnis, als Versicherung, als Beschwörung, dem vom Ende her kommenden Halt misstrauend, und ganz materiell scheinen ihre Bildflächen immer weiter zu wuchern, herauszuplatzen, auszulaufen. Die Bilder irgendwie loszuwerden heißt auch ihre Materialität zu verausgaben. Reste ausräumen, verschwenden, Platz schaffen, entleeren… Vernichtetes aber kehrt wieder. Also wird Mensch es nur in der Verausgabung los. Sichtbar wird es dabei zum Verschwinden gebracht, und sichtbar bleibt es verschwunden. Im alljährlichen Malritual ihrer Balls and Tunnels, einem Akt exzessiver Verschwendung der Malreste – nicht zufällig männlich und weibliche Geschlechtsorgane im Titel – verausgabt Valérie Favre alle Malreste auf Grund, jährlich, und auf einmal und von Neuem…

Das ausgelöschte Gesicht
„Ich musste hier herkommen.“
„Zu Winkie’s.“
„Zu diesem Winkie’s.“
„O.k. warum zu diesen Winkie’s?“
„Ich hab von diesem Laden geträumt.“
„O.k. Sie haben von diesem Laden geträumt. Erzählen Sie mal.“
„Das war schon das zweite Mal. Aber sie waren beide gleich. Sie fangen so an, dass ich hier drin bin. Aber es ist weder Tag noch Nacht. Es ist so ein Zwischending, wissen Sie. Aber es sieht genauso aus wie jetzt, abgesehen vom Licht. Ich habe solche Angst ich kann’s Ihnen gar nicht sagen. Ein paar Leute sitzen hier doch Sie stehen gleich dort drüben vor der Theke. Sie erscheinen in beiden Träumen und Sie haben auch Angst. Ich habe noch mehr Angst, wenn ich sehe wie Sie sich fürchten. Und dann wird mir klar woran es liegt. Da ist ein Mann hinter dem Lokal. Er ist derjenige der die Ursache ist. Ich kann ihn durch die Wand sehen. Ich kann sein Gesicht sehen. Ich hoffe, dass ich dieses Gesicht niemals außerhalb des Traumes sehe.“


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


Vierte Projektion
Zwei Hände, zwei Flächen, bildlos zwischen ihnen eine Projektion oder Imagination vielleicht genauer: die dritte Dimension – für den Blinden ist sie eine Erfindung. Noch um einen Gegenstand gefasst legt sich da nur eine Fläche auf, die dessen Form obendrein zu ihrer Gestalt zerschneidet. Alles andere ist Bild und bleibt ungesehen. Das Bild, für den Blinden ist es keine Fläche, eher die Erdichtung von Tiefe zwischen seinen Händen, seinen Armen, seinen Beinen, um seinen Körper. Das Bild, Zuspruch einer Richtung, an die er wohl wissend glauben muss, eine Richtung, die seine in Raum ausgelegte Haut wieder verschließbar macht, sich an ihrer Statt um das geöffnete Fleisch legend, das ganz offen bleiben muss, um alles aufzunehmen, was widerfahren könnte, was möglich ist. Allein was solcher Bildverschluss durchlässt ist für den Blinden wirklich und wo er auf etwas stößt, wo ihm etwas zustößt, wo dies Bild in der Haut zerrissen, sammeln allein seine Fetzen sich um das Klaffen, dass er noch im Schmerz glaubt von seinem Körper sprechen zu können.

Gefasst Zustoß hier klaffend fingerkuppenbreit einzudringen so als Außen gedacht möglich war das schon auch dass die Haut es abhalte jedenfalls wenn im Nachhinein die andere darüber streift und feststellt dass sie unversehrt… Unter Auftrag verschiedener Arten nach zum Verschwinden gebracht Gründe mehrschichtig die Hand gibt nach als einer nur freilich und so als wollte der sich ihr entziehen tastet ihm nach Verschluss nie selbst von der anderen Seite her wie jetzt gedacht von den Augen freilich abgesehen die Artaud eigentlich mit seiner Zigarette auszubrennen suchte als obszön unter dem ausgekohlten Loch des Papiers ein anderer Grund klaffte der keine Zeichnung mehr verriet… Ob er erst zerstört sich verrate ein Irrtum der Augen fasst dran sie sieht es oder spricht zumindest von dem was unter der Hand verschwunden Haare ihrer Brauen die Lider und dass sie jetzt geschlossen die andere Hand dabei gegen die Leinwand um zur Wand dahinter zu drücken sie hereinzudrücken einzulassen ohne dass dabei Fontanas Schlitzereien bemüht durch die gegriffen auch kein anderer Zustoß und kein Bild spreche nicht von ihm verwachse ihn nicht zum Und-Weiter…
Dann wieder ihre Stimme über das was wie ausgelaufen als Körperteile lässt sie es erscheinen und immer auch die ihrigen dass das ein Arm sei und das die Hüften sie hat einen Rock an nein das ist eine Hose da schiebt sich ihr Geschlecht nach vorne… Schiebt die Hand nach oben und das ist ihr Bauch und das sind ihre Brüste und das ist ihr Hals…


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


Fünfte Projektion
Die Hand des Blinden in ihrem Gesicht, ein Zucken, ruckartig zu Maske erstarrt, lässt das Gebein zu dem werden was es ist: sein Träger von Anbeginn und über sein Ende hinaus. Die blinde Berührung entzieht dem Gesicht alle Bewegung, stürzt spiegellos ins Schablonenhafte sie, an einem imaginären Entwurf erdacht, denn die blinden Augen des Gegenüber geben nichts her, aber das sieht sie nicht und sieht nicht wie ihr Gesicht in den Körper stürzt, von seiner Hand hineingetrieben. Die Hand, die sie spürt und von zwei Seiten diese Worte hörbar um zu spüren wie Gesicht allein Kopf und Teil des Rumpfes ganz Körper unter der Hand in nichts von Armen, Brüsten oder Bauch unterschieden. Kein Zeichen hält mehr Gesehenes zu Deutbarkeit und trennte es darin vom Körper wieder ab. Verlorener Ausdruck, Form in Beschreibbarkeiten beschreibbarer Formen, alles Inneren bar, Träger nur noch ihrer selbst, Zustand der Berührung, der Seelenzustände nur anzudichten, aber nichts davon hielte und erst recht nicht sichtbar.

Die Hand des Blinden setzt das Gesicht aus verkörpert zu Kopf es indem es all seine Züge zu Maske verwischt unterschiedliche Hautstrukturen und wieder Haare von Hand jeweils für sich abgetrennt zerteilt in die eigene Fläche erneut Verwischung züge-los kein Halt der Grund sparsamer Auftrag gibt unter ihr nach nein keine Gesichter seien das verschmiert in etwas Ovalem zwei Punkte und ein krummer Strich für den Mund ein fleischloses Icon das ausreiche um etwas zu markieren wovon dann ja auch gesprochen werden könne er fragt sie das und sie antwortet…

Der Zustoß
Im Tasten Malerei bildlos zugestoßen teilt dessen Aufriss Sprache ins Waagrechte und Senkrechte auf. Ins Haltlose getriebene Erzählungen beten da nur noch Eigenschaftslisten herunter, aber kein Das-Ist hält am Schnitt aufgerissener Fingerkuppen fest. Anders ist Berührung nur, wo Berührtes seinen Ursprung oder seine Erstellung gleich mitbringt oder hinter dessen Vorstellung wenigstens verschwindet. Ohne Bild - und entblößt dabei auch das Wortmaterial – bleibt dem nackten Zustoß auf Haut nur weniges, was zu ganzen Gegenständen reimbar. Ohne Bild ist eine jede Berührung immer ein Übergriff, auf Haut aufgetroffen alles sofort im Körper. Nur ein Bild hält ab und sei es das des Blickes. Ein Unter-der-Haut gibt es nur im Gesehenen. Der Blinde ist eins mit ihrer Fläche und darunter ist nichts. Ohne von einem Bild zu vermeintlich Ganzem synthetisiert zu sein fallen die Sinne in eine unverbundene Parallelität zurück, deren Quer-Schnitte nur Sprache noch leistet, aus deren abgeschlossenen Welten sich speisend, sich ihrer bedienend, allerdings auch nie ohne von einem Ende her zu kommen, von Aussprechbarkeit, von Deutbarkeit, von der Unterstellung des Bildes also. Die erste Virtualität war damit immer schon die Erblindung und sei es da wo im Hin und Her der eigenen Haut, auf eigener Haut den zurückgelassenen Aufzeichnungen von Berührung so nachgetastet, dass selbst der Blinde noch von etwas Geschlossenem wie einem Körper sprechen kann, weniger allerdings von dessen Bild ausgehend denn von seiner Zeichnung, die er in seinen Denk- und Fühlspuren immer wieder zu wiederholen hat, sich selbst als Körperganzes ein-bildend. Während das Bild, dessen sich Sehen bedient, Körperteile, Organe und Funktionen zuweist, indem es eine Ganzheit vorgaukelt zu dessen Aspekten die anderen Sinne degradiert, löst die Berührung, das Auftreffen auf Haut, der Zustoß alle Sinne voneinander, lässt im Moment des Schmerzes – Überraschung, Erfahrung des Unerwarteten, der ungesehenen Berührung, der ungesehenen Annäherung einer Berührenden – keine Gestalt bezeichenbar stehen: allein das Klaffen bleibt und in seiner Folge das Eindringen, das Aufreißen der Haut. Solchen Aufriss, und die Sprache selbst eröffnet ihn uns als Klaffen und Beginn eines Kartogramms, einer Zeichnung also, hält die Haut, hier der Finger am Gemälde als Mal unverschließbar, verhindert sein Übergehen und zwingt zur Wiederholung und das noch in der Bewegung des Tastens, die erst im Nachhinein als Gestalt denkbar, und zu Form kommt sie nie, es sei denn zu ihrer eigenen zu der Berührtsein und Berühren sich selbst reflektieren. Wo Form aber mit Formgebung in Gestalt der Haut zusammenfällt, wird alles darüber hinaus Erzählung, die ihren Halt in solchem Schnitt zu suchen hat, ohne über ihn je hinauszukommen. Von ihm wiederholt, von ihm durchdekliniert verliert sie ihr Ende und der Satz kommt nicht mehr von diesem her, sondern von seinem Anfang und findet gerade kein Ende mehr, wiederholt nur noch den Anfang, ohne ihn freilich je zu erreichen. Im Zeichen, im Mal, in seiner Unverschließbarkeit, in seiner Wiederholung kehrt der Mythos in Erzählung zurück. Im Klaffen des Zustoßes sammelt die Sprache sich von ihrer vertikalen und horizontalen Seite her, in Satzteilen, Satzschichten durchstoßen, die senkrecht ihren Fluss unterbrechen, ihn verzweigend in seine Verwucherungen treibend, zu den Rändern dieses Klaffens, die sie von allen Seiten zu umgeben sucht, ohne sie freilich schnittlos zu verweben. Das Bild überlagert den Schnitt und sei es in seinem Begriffe, macht ihn überquerbar, immer jedoch in der Elastizität einer Leinwand, die nachgibt, die sich entzieht, nie fester Grund. Ohne einen Hauptsinn, und als solcher vermag Tasten nicht zu fungieren, lösen sich alle Richtung, alles Außen, alle Bewegung wie alle Ferne, alles andere wie alles eigene auf. Ohne einen Hauptsinn, ohne den Gesicht-Sinn wird Sprache anspruchlos, vermag die vollkommen eigenständigen Sinneswelten des Hörens, des Tastens, des Schmeckens, des Riechens nicht mehr unter eine Gestalt zu synthetisieren, zumindest wenn die Bildlosigkeit in letzter Konsequenz durchdacht, der Blinde also niemals aufhört zu erblinden. Ohne Gesicht-Sinn zieht die Sprache sich in den Schnitt des Zustoßes zurück, wird in ihn gesogen, wiederholt sich von ihm aus, ohne mehr los zu kommen, wo sich jetzt allerdings ein jeder Sinn an ihr bedient, sie zur Aus-Legung seiner je eigenen Welt vernutzend - die absolut unüberbrückbare Parallelität dieser Sinneswelten lose nebeneinander stehen lassend.

Drehbuch IV
Atmen hörbar hier das der Synchronstimme Geräuschgeflechte ihrer Bewegungen solange nichts weiter dazu gesagt. Schritte eine Türe Holz meistens Holz und das Atmen hinten am Gaumen geschnitten wiederholt zwei mal so dass die Veränderung der Mundform zu hören dass er sich geöffnet was wohl Freude oder noch stärkeres auszudrücken habe wenn er gesehen sähe das bestimmt so aus denkt er... Die Frage warum ihr Atmen zu hören und dann wieder nicht was sie da an Gesehenem beatme zwischen ihren Schritten nochmals Holz und eine Türe.
"Es tut mir leid meine Tante hat mir nicht gesagt, dass jemand hier ist."
"Es gab einen Unfall dann kam ich hier her..."
."Ich hab das Kleid gesehen..."
Dass sie wohl telefoniere nur ihre Stimme zumindest und von Zäsuren unterbrochen die das Aussprechen eines Namens in Eindringlichkeit treiben um Erinnerung hervorzurufen dass sie wohl nicht bekannt und die Stimme gedämpft dass er mutmaßen durfte sich im Raum zu befinden in welchem die liegt von der da gesprochen… Aber dass sie doch Rita heiße nein das sei nicht ihr Name nein so heiße sie nicht sie wisse nicht wie sie heiße.
"Ich weiß einfach nicht wer ich bin..."
„Wie meinen Sie das, Sie sind Rita..."
„Nein bin ich nicht."
"Das ist ihre Tasche nicht wahr? Ihr Name muss darin zu finden sein. Sie wollen ihn doch wissen oder? Machen Sie sie auf."
Das Geräusch eines Reißverschlusses und nur als solches zu erkennen weil von Taschenöffnen die Rede sonst eher das Geräusch von etwas das aufgetrennt das aufgeschlitzt wie Textil oder Festeres. Eine lange Bewegung des Öffnens eine lange Zeit der Veränderung des Geräusches dessen was da aufgetrennt trockenes Greifen akustisch stumpf reflektiert in Hohlem in etwas unter diesen Bewegungen Gähnendem....


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006


>Das Gemälde und das Sprechen
Blinder Zustoß eines Gemäldes und noch bevor von Materialeigenschaften gesprochen verschwindet darin alles in Bild Gedachtes ohne solch Klaffen jemals zu füllen. Hinein gesogen entleert all der ungesehene Bildermüll ganz frei davon und unentschieden ein Außerhalb das sich außerhalb dieses Zustoßes nicht gibt dessen Spuren in keinem Bild vernarben. Von hier aus allein ist dem Blinden möglich von Einer Welt zu sprechen die sich in einem jeden Schritt in ihrem Einsturz auf ihn sich vervielfacht. Sie die von ihm spricht diesem Gemälde seine Wirkung und ohne dass irgend Ursächliches darin zu hören nur Wirkung sie diese Stimme ihr Körper das Gemälde ihr Stocken ihr Sprechen ihr wieder aufgenommenes Sprechen sie wieder aufnehmend und wieder stocken atmen und dass sie sich herunter beuge dass sie sich bücke wie er hört hört wo sie atmet hört wie ihr Atmen aus ihrem unterbrochenen Sprechen stößt es auseinander treibt es ausspreizt und dann Sätze wiederholt Satzteile sie verwerfend nicht weiter verfolgbare Äußerungen von Eindringendem Eingedrungenem sich am Bild des Blinden von dem her sie spricht und zu dem hin sie spricht erneut brechend. Experimente des Versagens von Sprache Widersprüche Verschiebungen zerfallen in welchem das Gemälde sie in all ihren je gesehenen Bildern ausschöpft sie ganz körperlich in ein Sprechen treibend das ihre Stimme ihren Körper durchlässig macht ihn eben nicht erstarrt sein lässt wie dies dem Blick nachgesagt oder dem was sie anschaut dass sie das eben nicht anblicke vielleicht aber auch nicht mehr. Kein Halt an den blinden Augen ihres Gegenübers von denen die ihrigen lose abfallen und sich in den ausgewischten Gesichtern der Valérie Favre zu verdoppeln scheinen.

Könnte aber auch eine Bühne. Hier aber ganz eindeutig der Kofferraum von einem Auto. Man sieht einen Ausschnitt. Man sieht nur die Heckscheibe. Den Kofferraum der offen ist. Das Licht noch. Hier hast du von der Seitenansicht zwei Autos hintereinander. Vorne das ist kleiner. Neblige Landschaft oder schneeverhangen. Eine Stange irgendwo. Dann ein Harlekin. Dahinter ein Gebäude. Ein riesiges Fenster bis zum Flachdach hoch. Ein Fenster das eine Tür ist. Oder eine Tür sein kann. Die ganze Fassade. Die ganze Höhe des Hauses. Und das Auto. Das kommt auf dich hier zu. Teilweise Konturen aber alles schlierig oder wie verschmiert. Die Farben ineinander überfließend. Da ist Gelb. Eine gelbe Fläche. Aber auch wässriges Grau ist da durchgelaufen. Das könnte ein Bild sein in einem Bild und ein Teil von einer Skulptur auf einem Sockel. Unten ein breiterer und darüber ein schmalerer. Ein weißes Kleid. Eine Tunika. Blau aber nur die Arme. Kein Kopf und das alles steht auf einem Gestell. Steht auf Füßen. Links und rechts Füßen. Etwas wie Bäume. Ein Auto halb verdeckt. Oder ein Gebüsch. Vielleicht ein Gebüsch. Und hier ein Auto. Das kommt fast aus der Leinwand heraus. Ganz klar dies Auto als würde es sich dabei erst formen. Halb Seiten halb hinten. Das Auto nimmt fast das ganze Bild ein. Rechts das könnte irgendein Vieh sein. Etwas Tierähnliches. Ja das sieht so aus…

Ungesehenes Schauen unversicherte Öffnung dass das Auge sich ein neues Auge macht das lässt dann doch das Bild des Blinden ein das alle anderen Bilder ausräumt… Figuren und Gestalten in ihrer Stimme hörbar Worte weitest möglich belastet und das klaffende Bild des Blinden treibt sie wieder hinein um in seinem Hören sie noch voller werden zu lassen… In Blindheit das Gemälde auf zwei Körper verteilt dazwischen Worte reflektiert im Stand freilich erblindet war ja nichts weiter dazugekommen denn ihre eigenen Variationen Worte also die so lange in seinem Körper vibrieren bis sie schwer genug Gehörtes zu Räumen oder zu Körpern zu verflechten durch die er dann durchkommt wo-durch auch immer ein Gewebe in jedem Falle das vom Zustoß seiner Hände wieder aufgerissen um sich darin Glauben zu machen dass er tatsächlich wieder hinauskommt…

Freizeichen eines Telefons. Ablauf der Signaltöne einer gewählten Nummer. Dann das Klingeln. Eine Hand hebt ab und eine Stimme: „Hallo?“
„Die Kleine wird immer noch vermisst.“ Legt auf.
Klingeln eines Telefons andern Orts: „Reden Sie mit mir.“
„Wie gehabt.“ Legt auf. Eine Wählscheibe. Eine Nummer. Klingeln. Ein dritter Ort. Klingeln an einem dritten Ort. Der Dritte Ort…


Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006 | Ansicht von Autos in der Nacht 24 Bilder 2004-2006



Gerald Pirner - red / 19. Dezember 2006
ID 00000002864

(1) In Kursivschrift Zitate von Valérie Favre, die am 02. 11.06 im Haus am Waldsee durch ihre Ausstellung führte. Die Dialoge sind aus Mulholland Drive von David Lynch.
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