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Mailand, PAC, bis 12. Juni 2005

Christian Boltanski - „neuesten Nachrichten“

Ultime notizie Christian Boltanski


Christian Boltanski, Tot , 2001



Christian Boltanski oder die Vergangenheit der Zeit

Die „neuesten Nachrichten“ (so der Titel der Ausstellung) des französischen Künstlers sind eigentlich nichts neues, sie stellen keinen Bruch in seinem künstlerischen Werdegang dar, sondern führen die lebenslange Suche einer Ästhetik des Zeitkonzepts weiter, ein Zeitkonzept das „keine geschichtliche Entwicklung, aber fragiler, unsicherer Übergang, unausweichliches Ende … unaufhaltsames Verfließen der Zeit“1 ist.
Der Ablauf der Zeit ist allgegenwärtig in dieser Ausstellung und er ist emblematisch verdichtet im Horologe parlante: keine barockes Symbol der Sanduhr um das Verrinnen der Zeit darzustellen, aber die anonyme Stimme einer telefonischen Zeitansage; Stunden, Minuten und Sekunden angekündigt mit unentrinnbarer Präzision. Und somit eher als das Fließen der Zeit, das Skandieren des Moments. Den bestimmten Moment, den Boltanski isolieren will um ihn festzuhalten und dadurch der Vergänglichkeit zu entreißen.
Der Künstler findet in zurückgebliebenen Objekten, aber hauptsächlich in der Fotografie ein Mittel, einen präzisen Moment zu konservieren, Erinnerung wach zu halten, diese „kleine persönliche Erinnerung, die uns von den anderen unterscheidet“2 , die jedoch – unbeobachtet – mit dem Tod ausgelöscht wird.


Christian Boltanski, Entre Temps, 2003

Der Gegensatz zwischen diesem vergessenheitsanfälligen individuellem Bewusstsein und einem kollektivem Gedächtnis, das jederzeit reproduzierbar bleibt, wird in der Installation 6 septembres thematisiert. Auf drei großformatigen Leinwänden werden dort die Nachrichtensendungen, die jeweils am 6. September, Boltanskis Geburtstag, ausgestrahlt wurden, gezeigt und zwar ab dem Jahre 1944 – seinem Geburtsjahr – bis heute. Eine unermessliche Bilderflut stürzt auf den Besucher zu, auf Grund ihrer 2000fachen Beschleunigung bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Betörend und verstörend zugleich rauschen in vier ein Halb Minuten sechzig Jahre vorbei. Drei Knöpfe, die Bild und Ton stoppen, schaffen Erleichterung und vermitteln gleichzeitig die Illusion, die Zeit anhalten zu können.
Auch Les portants baut auf Dualismus auf. Schuld und Unschuld waren laut Aussagen des Künstlers schon seit seiner Kindheit in einer von kriegsbedingten Gefahren beeinflussten Gefühlswelt präsent. In dieser Installation werden jetzt Mörder und Opfer auf immer zusammengeschweißt. Boltanski hat dafür Fotos aus alten Zeitschriften verwendet. Für den Betrachter ist es manchmal nicht mehr nachvollziehbar, wer das Opfer, wer der Mörder war. Die Unterschiede sind verwischt. All dies ist lange her und nun sind alle tot.


Christian Boltanski, Zeyt , 2001


In Zeyt ist es der Kontrast zwischen Jugend und Alter, der aufgearbeitet wird. Die überlagerten Fotos, die ein und die selbe Person im Kindes- und Erwachsenenalter zeigen, sind monströs und rufen Unbehagen hervor.
Boltanski gelingt es, die Dimension der Zeit bildhaft eindringlich darzustellen. Die im Halbdunkel des Museums erscheinenden zwölf Installationen dieser Ausstellung ziehen als eine Art memento mori die Besucher unweigerlich in ihren Bann und entlassen ihn nur langsam wieder in die Alltäglichkeit.


Sylvia Schiechtl, 14. April 2005
ID 00000001839
Anmerkungen:
1 “non sviluppo storico, ma fragile e instabile passaggio, fine inesorabile … inarrestabile flusso del tempo.”
2 “Small personal memory (which) makes us different” - Boltanski



Ultime notizie Christian Boltanski
Bis 12. Juni
PAC Padiglione d’Arte Contemporanea
Via Palestro 14 – Mailand
Tel.: +39 (0)2 76009085

Di/Mi/Sa: 9.30 – 17.30
Do: 9.30 – 21.00
So: 9.30 – 19.30
Mo: geschlossen

Weitere Infos siehe auch: http://www.comune.milano.it/pac






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