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Stiefkind des Monats - Mai 2002


Fire Syndrome
(Spontaneous Combustion) USA 1989
Regie: Tobe Hooper
RCA/Columbia Pictures International Video.

Der menschliche Körper ist der komplizierteste Verbrennungsmotor überhaupt, weshalb das Phänomen der spontanen Selbstentflammung, das sogenannte "Fire Syndrome", an sich schon ein relativ häufig anzutreffendes ist, und zwar mindestens ebenso oft wie das der Rektalsondenuntersuchung bei von Außerirdischen Entführten, also beileibe nicht nur gelegentlich und vereinzelt. Die Wahrscheinlichkeit, daß man bis zur Unkenntlichkeit verrußt im heimischen Nachtlager aufgefunden wird, ohne jemals Raucher gewesen zu sein, erhöht sich allerdings noch drastisch, wenn es da mal Eltern gegeben hat, die regelmäßig einen in der Zusammensetzung nicht näher erläuterten Impfstoff verabreicht bekamen und ihre Freizeit am liebsten in unmittelbarer Umgebung detonierender Atombomben verbrachten - dann ist's eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis ohne erkennbare äußere Einflüsse zu den ungünstigsten Anlässen vor sich hingekokelt wird. Genau das passiert auch dem Helden dieses Filmchens hier, aber bevor es endlich so weit ist und er seine Existenz für den Zuschauer schon längst nicht mehr nachvollziehbar in Gestalt eines blau fluoreszierenden radioaktiven Pfützchens beendet, fackelt er noch diverse andere Personen ab, darunter auch einige Polizeibeamte - eine Fertigkeit, um deretwegen ihn manch einer der sich bevorzugt in den eigenen Fäkalien suhlenden, aus mir völlig unerfindlichen Gründen noch immer dem Schutzbereich des Grundgesetzes unterstellten Mainachtskrawallbrüder beneiden würde, denn diese besonders liebenswerte, für klare politische Ideale einstehende Spezies muß dazu erst noch gebrauchsfertige Molotow-Cocktails herstellen, was im Suff vermutlich gar nicht so einfach ist.

Tobe Hooper war früher mal ein durchaus ernstzunehmender Filmemacher, und dies nicht nur wegen seines nachhaltig verstörenden Kettensägenmassakers "Blutgericht in Texas", welches ziemlich detailverliebt die Aktivitäten einer degenerierten Sippe brotlos gewordener Schlachthausangestellter schilderte. Nicht minder empfehlenswert ist im übrigen die ebenfalls von ihm inszenierte, ob ihrer heiteren Ausgelassenheit stramm in Richtung derbe Klamotte marschierende Fortsetzung dieses Werkes mit Dennis Hopper in der Hauptrolle, die in Deutschland leider niemals auf Video erschienen ist. Aber auch ansonsten war der Mann immer recht fleißig: So hat er nämlich unter anderem noch die mit grober Nadel gestrickte, aber durchaus atmosphärische "Psycho"-Kopie "Death Trap - Blutrausch" und den beklemmenden Geisterbahnthriller "Das Kabinett des Schreckens" gedreht. Oftmals wurde er wegen seiner Vorliebe, die mental stets etwas aus der Spur geratenen Unholde auch körperlich derangiert zu präsentieren, seitens bestimmter, dem Humor schon im allgemeinen gänzlich abtrünniger Zirkel aufs Heftigste attackiert und in diesem Zusammenhang recht gerne des faschistoiden Gedankengutes bezichtigt. Wie dem auch sei, ein ausgemachter Feingeist ist er jedenfalls mit Sicherheit nie gewesen, aber das soll an dieser Stelle auch gar nicht bestritten werden.

Allerdings erklärt dieser persönliche Charakterzug des Meisters nicht im geringsten, warum er seinen zumindest damals noch verhältnismäßig guten Namen für einen derart haarsträubenden Unfug wie den vorliegenden hat hergegeben - und das ohne jegliche Möglichkeit eines Entlastungsbeweises, denn die krude zusammengeschmierte Vorlage dazu, eine literarische Ansammlung abstruser Verschwörungstheorien, stammt ebenfalls von ihm. Lag das völlige Fehlschlagen auch hierzulande etwa an den durchweg nur schwerlich als solchen zu bezeichnenden darstellerischen Fähigkeiten ausnahmslos aller Beteiligter, die zudem überwiegend noch echte Arschgesichter tragen - oder war dieses dann doch eher bedingt durch die unglaublich träge Synchronisation, die die Protagonisten noch im Zustande höchster Entrüstung in einer Tonart reden läßt, welche an die Verlesung von Mikrowellengebrauchsanweisungen vor Schwachsinnigen erinnert? Vielleicht ist der Grund dafür aber auch in den gezeigten Inneneinrichtungen zu suchen, die aussehen, als hätten Raumausstatter im ersten Lehrjahr auf immerwährendem LSD-Trip ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. Indes soll die Aufzählung der möglichen Ursachen des Scheiterns nur beispielhaft sein, denn derjenige, der sich dieses Panoptikum perverser Pannen tatsächlich zu Gemüte führen möchte, kann einiges andere hinzufügen, sollte er auch blind oder taub sein.

Nur soviel sei abschließend noch verraten: Der Regiekollege John Landis, der einst für den wirklich schönen "American Werewolf" verantwortlich zeichnete, ist in einer winzigen Rolle als Radiotechniker zu erspähen - selbst in diesen wenigen Sekunden seines Auftretens ist er so unsagbar schlecht wie ansonsten wohl nur noch der Autor Stephen King vor oder hinter der Kamera. Und lediglich ein einziger an dieser grotesken Posse Mitwirkender ist Anfeindungen gegenüber nachhaltig in Schutz zu nehmen, nämlich der australische Filmkomponist Graeme Revell, welcher früher mal - man möge mir den Gebrauch dieses Begriffes nachsehen - der Mastermind des zunächst für ruppigen Industrial stehenden Projektes "SPK" gewesen ist und sich hier redlich müht, das monströse visuelle Etwas klangtechnisch beisammenzuhalten.

dd - red / 25. Mai 2002


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