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Stiefkind des Monats - April 2002


Exzesse im Folterkeller


Japan
Regie: Eddy Marshall (Norifumi Suzuki)

einstmals Euro-Video/IMV

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat's oftmals nicht leicht bei ihrer täglichen Arbeit, so viel ist sicher- dabei ist sie dereinst mal mit durchaus hehren Idealen angetreten, geht sie in ihrem Selbstverständnis doch davon aus, Kinder und Heranwachsende dergestalt zu schützen, daß diese "außerhalb der Obhut ihrer Eltern jugendgefährdenden Medien nicht ausgeliefert" sein sollen, wobei sich trefflich darüber streiten ließe, ob nicht möglicherweise schon die rein physische Existenz manches Erziehungsberechtigten weitaus verheerendere Auswirkungen auf den minderjährigen Seelenzustand zu zeitigen in der Lage ist. Aber sei's drum, ich bekenne mich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und unterstütze daher prinzipiell auch diese Institution nach Kräften, obgleich sich mir des öfteren berechtigte Zweifel hinsichtlich der Effektivität ihres Waltens aufdrängen: Denn während im Ergebnis ziemlich schwerfällig agierende Gremien noch darüber beraten, ob beispielsweise Filmchen mit poetischen Titelschöpfungen wie "Klinik Pervers 2: Analtherapie" oder "Schwarzwurzel-Tuntenstich" möglicherweise gar strafrechtsrelevante Bezüge aufweisen könnten, wird andernorts derweil noch weitaus Obszöneres produziert, von überwiegend unentdeckt bleibenden Online-Angeboten einmal ganz zu schweigen.

Trotzdem konnte besagte Behörde durchaus Erfolge vorweisen, und zwar damals, in den frühen achtziger Jahren, als beinahe stündlich Anträge irgendwelcher Jugendämter eingingen, welche vehement dazu aufforderten, sittlich schwer Verrohendes doch bitteschön mal besonders gründlich in Augenschein zu nehmen. Weil man zu jener Zeit zufällig auch noch der kollektiven Auffassung war, das gesellschaftliche Ungemach rühre beinahe ausnahmslos vom heimischen Videorecorder her, wurde zu einer bis heute beispiellosen Hatz auf das Magnetband gerufen und in der Folge all das dauerhaft aus dem Verkehr gezogen, was sich nicht als unbedenklich oder von künstlerischen Ansätzen getragen zu legitimieren wußte, darunter anerkannte Terrorklassiker wie Tobe Hoopers "The Texas Chainsaw Massacre" oder George A. Romeros "Zombie - Dawn Of The Dead".

Dasselbe Schicksal ereilte einst "Exzesse im Folterkeller", bei welchem das zügellose Ausleben sexuell doch recht ungewöhnlicher Praktiken auf Kosten der körperlichen Integrität anderer bemängelt wurde - und das vermutlich sogar völlig zu Recht, wenn ich mal angestrengt darüber nachdenke. Er ist aber auch ein besonders widerlicher kleiner Drecksack, der Held dieses Werkes, und ebenso wie sein ganzes späteres Dasein ist bereits seine biologische Entstehungsgeschichte als eher abnorm zu bezeichnen, denn sein leiblicher Vater, ein entsprungener Wüstling, zeugte ihn in einer Notzuchtsituation, ein für alle Beteiligten zweifellos prägender Umstand, womit ich insbesondere die geschundene Frau anspreche, der sowas nach Auffassung des Regisseurs im Prinzip ganz guttut, bekäme sie doch ansonsten ob dieser rüden Behandlung keinen heftigen Orgasmus. Ihr Gatte sieht's ähnlich und treibt sie in die Selbsttötung, weil ihm nichts besseres einfällt, als sie aufs Unflätigste zu beschimpfen und ihr zur Unterstreichung seiner Worte die zuvor straff vertäuten Brüste zu peitschen, was sinnvoll ist und einleuchtend erscheint in ehelichen Krisensituationen wie der vorliegenden. Auch den Ziehsohn, den er völlig richtig als nicht von ihm abstammend erkannt hat, schlägt er oft und gerne. Bei jenem zeigen sich dann später auch die Resultate einer guten Kinderstube überdeutlich, wobei dies letztendlich von untergeordneter Bedeutung ist, denn mittlerweile entstandene sadistische Neigungen sind eher auf das genetische Abfallmaterial seines Erzeugers zurückzuführen, mit welchem er bisweilen gemeinsam schändet und quält, so er nicht gerade damit beschäftigt ist, andere weibliche Wesen gefangenzuhalten und umzubringen oder in Bildbände zu ejakulieren, die Exekutionen durch Kriegsverbrecher des nationalsozialistischen Regimes zeigen.

Was sich der Urheber dieses Streifens, der Japaner Norifumi Suzuki, der sich gerne Eddy Marshall nannte und unter diesem Pseudonym 1981 den zumindest atavistische Triebe befriedigenden Karate-Kracher "Diamantenauge" drehte, in dem Sonny Chiba haufenweise mit gestapoähnlichen Uniformen bekleidete Bösewichter vermöbelte, beim Zusammenflicken dieses zutiefst miesen Machwerkes gedacht haben mag, das soll hoffentlich auf ewig sein Geheimnis bleiben. Ich selbst jedenfalls konnte weder mutmaßliche Intentionen erkennen noch überhaupt das Geschehen an sich so ganz durchblicken - aber das ist mir auch ziemlich egal, weil ich seit langem schon akzeptiert habe, daß nun mal leider in beinahe allen Bereichen des täglichen Lebens - und deshalb auch in der bunt schillernden Welt des Films - erbärmliche Kanaillen anzutreffen sind, mit denen auseinanderzusetzen mir inzwischen ganz einfach die Lust vergangen ist.

dd - red / 28. April 2002


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