Yasmin - jetzt als DVD
Regie: Kenny Glenaan
GB/D 2004
Archie Panjabi, Hauptdarstellerin
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Yasmin - Von der Mitarbeiterin des Monats - zur Staatsfeindin Nr. 1
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Die 26-jährige Yasmin führt ein ganz normales muslimisches Frauen-Doppelleben: Zu Hause, in Großbritannien, kocht, putzt und wäscht sie für den Vater, Bruder und „Scheinehemann“. Brav und unterwürfig akzeptiert sie die traditionellen Regeln des gläubigen Vaters, die in Pakistan vielleicht noch einen Sinn ergäben, in Glasgow aber komisch wirken.
Auf dem Weg zur Arbeit, auf einem Feld, verwandelt sich die strenge Muslimin in eine westliche Frau: Jeans an, Kopftuch ab, Popmusik statt Muezzin, das Verdeck ihres roten Flitzers namens Golf GTI, offen. Den hat sie sich, trotzig, von eigenem Geld, nach eigenen Vorstellungen, gekauft. Alleine. Und - alleingelassen ist und bleibt Yasmin die ganzen 87 Minuten des Filmes lang.
Yasmin ist eine pakistanische Immigrantin der zweiten Generation. Sie lebt in einer Familie, in der die Mutter fehlt. Als Sozialarbeiterin arbeitet sie mit behinderten Kindern in Nordengland. Ihre KollegInnen schätzen sie.
Yasmins Situation ist mehr als klassisch: Der Vater ist frommer Muslim und Wächter der ansässigen Moschee. Ihr Bruder lebt „Als-ob-Gläubiger“ und verdient sein Geld als Hinterhof-Dealer. Ihrer Mutter zuliebe hat Yasmin ihren pakistanischen Cousin Faysal geheiratet. Sie lebt jedoch in einer Scheinehe und ist mit einem britischen Arbeitskollegen befreundet.
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Es fällt Yasmin nicht leicht als Pakistani in England ihren Alltag zu bestreiten. Immer wieder versucht sie, sich gegen die Kultur ihres Herkunftslandes aufzulehnen und sowohl den westlichen Lebensstil als auch die muslimische Tradition unter einen Hut zu bekommen.
Der 11. September 2001 wird für Yasmin zum Wendepunkt. ArbeitskollegInnen meiden sie plötzlich, die britischen Muslime geraten unter Generalverdacht und dann wird auch noch Faysal, Yasmins ungeliebter Ehemann, verhaftet. Yasmin beginnt sich Fragen über ihre eigene Identität, über ihre kulturellen Wurzeln zu stellen. In Reaktion darauf wandelt sich ihre Haltung und sie zieht sich in ihr familiäres Umfeld zurück, dessen Repressionen sie sich jedoch auch nicht unterwirft.
Die 33-jährige Hauptdarstellerin Archie Panjabi erlangte den endgültigen Durchbruch 2003 mit „KICK IT LIKE BECKHAM“, danch hat die Engländerin indischer Abstammung unter der Regie von Fernando Meirelles (CITY OF GOD) den Kinofilm „THE CONSTANT GARDENER“ mit Ralph Fiennes an ihrer Seite abgedreht.
Die Anti-Terrormaßnahmen der Polizei nach dem Anschlag der Al-Qaeda auf das politische und ökonomische Zentrum des Westens im Jahr 2001 radikalisiert die jungen Muslime. Ihr Bruder zieht los nach Afghanistan.
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Yasmin kämpft. Sie läßt sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen, aber nach den Anschlägen ist sie mit wachsender Ausgrenzung und Schikane konfrontiert. Ihre Verzweiflung steigt, weil sie keinen Rückhalt hat.
Regisseur Kenny Glenaan gelang mit seinem Spielfilm ein realitätsnahes und bewegendes Porträt der pakistanischen Community in Großbritannien unter den Auswirkungen des 11.Septembers. Der bisher vorwiegend für das Fernsehen tätige Schotte erzählt in „Yasmin“, wie sich nach dem Terroranschlag vom 11. September auch in Nordengland das politische Klima verändert. „Yasmin“ ist nach „Gas Attack“ sein zweiter Spielfilm.
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Die Filmequipe wurde während der Dreharbeiten im Oktober 2003 in die pakistanische Gemeinschaft in Glasgow aufgenommen. So gelang es, die dortige Atmosphäre im Film realistisch wiederzugeben. Zwischen den muslimischen Darstellern (Laien wie Profis) und dem Filmteam war eine herzliche Stimmung entstanden, die dem Film einen hohen Authentizitätsgrad verleiht.
Yasmin ist unsentimental inszeniert, ergreifend und erschütternd in seiner Realitätsnähe und Dichte. Mit der Inszenierung dieses Themas beweist Kenny Glenaan großen Mut.
Aber: Wer Ken Loach als Vorbild hat, für den sind Mut und brisante Sozialkritik keine Fremdworte.
Und so ist Yasmin spannend bis zum Schluß, der irritiert.
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Hilde Meier - Red.-Berlin / 18. April 2006 ID 2345
Yasmin
Regie: Kenny Glenaan
GB/D, 2004
Drehbuch: Simon Beaufoy
mit Archie Panjabi, Renu Setna, Steve Jackson, Syed Ahmed, Shahid Ahmed
Großbritannien - Deutschland 2004
Länge: 87 Minuten
Farbe
35 mm
Weitere Infos siehe auch: http://www.arsenalfilm.de
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